E-Mobilität in Afrika: Ruandas ambitionierte Pläne

E-Mobilität in Afrika

Megacities wie Lagos sind bekannt für Staus und schlechte Luft, obwohl dort bisher nur wenige Menschen ein eigenes Auto haben. E-Mobilität in Afrika gilt als potentielle Lösung. Vor allem Ruanda schreitet voran.

Um in einer afrikanischen Großstadt von A nach B zu kommen, braucht man Geduld. Das habe ich bei meiner Recherchereise nach Nigeria eindrücklich erlebt. Rund eine Woche lang war ich damals in Lagos unterwegs, unter anderem beim Onlinehändler Jumia. Vor der Reise hatte ich große Pläne. “In einer Woche schaffe ich locker bis zu 15 Interviews”, dachte ich mir. Schließlich wollte ich möglichst viel vor Ort erleben. Schnell stellte ich aber fest, dass meine “deutsche” Zeitplanung ziemlich unrealistisch war. Der Verkehr macht mehr als ein bis zwei Termine pro Tag in Lagos nämlich schlicht unmöglich.

Stattdessen verbrachte ich viele, viele Stunden im Stau. Ich beobachtete die Autokolonnen, die sich Meter für Meter über die Straßen wälzten. Ich sah die dunklen Abgaswolken, die viele Busse alle paar Minuten ausstießen. Und über die Klimaanlage drang die schlechte Luft sogar in mein Uber-Auto ein. “Wie belastend muss das für die Anwohner sein?”, fragte ich mich. Ganz zu schweigen von den Menschen, die zwischen den Autoschlangen Snacks verkauften.

E-Mobilität in Afrika: Kampf gegen den Smog

Der Smog, der Lärm, der Stau: Die Situation in Lagos gilt als Paradebeispiel für die Verkehrsprobleme in afrikanischen Megacitys. Viele andere Städte auf dem Kontinent kämpfen mit ähnlichen Problemen. Einige Regierungen setzen daher auf E-Mobilität in Afrika als Lösung. E-Roller und -Busse bringen zwar nicht den Verkehr besser ins Rollen. Aber sie könnten immerhin für bessere Luft sorgen. Vor allem Ruanda gilt als Vorreiter beim Thema. Das Land fördert die neue Technologie mit Pilotprojekten und einem Fonds für nachhaltige Investitionen.

Mit E-Mobilität in Afrika gegen die Luftverschmutzung
Kilometerlange Staus gehören in den meisten afrikanischen Großstädten zum Alltag, wie hier in Nairobi. (Foto: KS)

Ruanda gilt insgesamt als eines der fortschrittlichsten Länder auf dem Kontinent. Das Land trägt den Spitznamen “Schweiz Afrikas”, zum einen wegen seiner vielen Berge und Seen, zum anderen wegen seiner wirtschaftlichen Stärke. Das Land hat zum Beispiel eine ziemlich aktive Start-up-Szene und setzt stark auf digitale Lösungen. Schon seit 2016 gibt es dort in der Hauptstadt Kigali Busse mit WLAN. Davon träume ich in Deutschland schon lange. Und auch die Industrie hat sich vor der Corona-Krise gut entwickelt: Das Unternehmen Mara Group baut dort die ersten afrikanischen Smartphones.


Das Mara Phone aus Ruanda habe ich in meinem allerersten Blogbeitrag vorgestellt. (Foto: Mara Group)


Klares Konzept in Sachen E-Mobilität: Ruanda als Vorreiter

Die gute Wirtschaftslage vor Ort führt dazu, dass sich immer mehr Menschen in Ruanda ein Auto leisten können. Schon länger bemüht sich die Regierung daher um neue Verkehrskonzepte, insbesondere in der Hauptstadt Kigali. Im Jahr 2012 hat sie eine Strategie für den öffentlichen Nahverkehr vorgelegt, mit dem Ziel, den Busverkehr auszubauen. Außerdem will das Land bis 2050 “klimafreundlich” werden und hat dafür einen grünen Investitionsfonds eingerichtet. Damit fördert die Regierung öffentliche und private Projekte, die Ruanda auf dem Weg zur Nachhaltigkeit unterstützen können.

Ein wichtiger Pfeiler für Ruanda ist dabei die E-Mobilität, die mehrere Unternehmen im Land vorantreiben. Vincent Biruta, der heutige Außen- und frühere Umweltminister Ruandas, betonte im Jahr 2018 beim African Green Growth Forum: “Tatsächlich sind die Emissionen von Fahrzeugen die größte Quelle der Verschmutzung in städtischen Gebieten [in Ruanda]. […] E-Mobilität ist ein Teil der Lösung.” Zu Gute kommt dem Land dabei, dass es seinen Strom vor allem aus Wasserkraft und Thermalenergie gewinnt, also vergleichsweise CO2-arm. Dadurch ist der Betrieb von E-Fahrzeugen also tatsächlich recht nachhaltig.

E-Mobilität in Afrika: Ruanda setzt auf elektrische Motorradtaxen

Ein Unternehmen, das die neue Technologie in Ruanda vorantreibt, ist Ampersand. Die Firma hat ein preisgünstiges E-Motorrad entwickelt, mit dem es vor allem Motorradtaxifahrer zum Umsteigen bewegen will. Die Fahrer können sich bei Ampersand ein E-Motorrad leasen oder kaufen. Geht die Batterie zu Neige, müssen sie einen kurzen Boxenstopp bei einer speziellen Ampersand-Station machen und die Batterie wird ausgetauscht. Dabei bezahlen die Fahrer nur den Strom, den sie verbraucht haben. Das sei nicht nur umweltfreundlicher, sondern für die Fahrer auch günstiger als Sprit zu tanken, verspricht das Unternehmen.

So sehen sie aus, die E-Motorräder von Ampersand (Foto: Unternehmen).

Der Gründer von Ampersand kommt nicht gebürtig aus Rwanda. Josh Whale hat früher in London als Unternehmensberater gearbeitet hat, wollte dann etwas für den Klimaschutz tun und hat daher im Jahr 2014 in Kigali gegründet. Inzwischen beschäftigt sein Unternehmen eigenen Angaben zufolge 43 Mitarbeiter und es kann die Coronakrise meistern. Im Interview mit dem Onlineportal howwemadeitinafrica.com sagt Whale: “Wir […] haben uns zusätzliche Finanzierungen gesichert, sodass wir diese schwierige Zeit überstehen werden.” Rund 7000 Motorradtaxifahrer hätten bereits ein E-Motorrad vorbestellt.

Auch E-Bikes sind in Ruanda im Kommen

Eine Konkurrenz für Ampersand ist das Unternehmen Safiride Rwanda. Das hat eine Ride-Sharing-App entwickelt, mit der sich Nutzerinnen und Nutzer ein elektrisches Motorradtaxi nach Hause bestellen können. Der Gründer des Unternehmens, Tony Adesina, hat darüber hinaus in Kigali eine zweite Firma namens Guraride gestartet. Diese vermietet E-Bikes und E-Scooter. Das Prinzip kennt man aus Deutschland: Nutzerinnen und Nutzer laden eine App auf ihr Smartphone, leihen damit elektrischen Zweiräder aus und bringen sie danach zu einer Parkstation zurück.

E-Ruanda baut derzeit vielerorts die Radwege aus. Das E-Bike-Start-up Guraride könnte davon profitieren. (Foto: Unternehmen)

Ruanda sei derzeit der beste Ort um E-Mobilität in Afrika zu testen, sagte Adesina kürzlich der nigerianischen Zeitung The Guardian: “Jeder, der Ruanda kennt, weiß, wie sehr das Land auf Nachhaltigkeit setzt. […] Außerdem ist es ein guter Zugangspunkt zu anderen ostafrikanischen Staaten.” Adesina selbst hat nigerianische und amerikanische Wurzeln.

Volkswagen in Ruanda: “Blaupause für Afrika”

Die deutschen Unternehmen Volkswagen und Siemens sehen das offenbar ähnlich. Ende vergangenen Jahres gaben die Konzerne bekannt, dass sie in Kigali bis zu 50 E-Golf auf die Straße schicken und mehrere Ladestationen aufbauen wollen. Schon zuvor hat Volkswagen in Ruanda verschiedene Carsharing-Konzepte getestet. Die neuen E-Autos sollen die bestehende Flotte ergänzen. Das Projekt sei eine “Blaupause für die Elektromobilität in Afrika”, betonte Thomas Schäfer, der Vorsitzende der Volkswagen Group South Africa.

Zur Frage, wie rege all diese Angebote von den Menschen in Ruanda derzeit genutzt werden, habe ich keine verlässlichen Zahlen gefunden. Gerade die Zahl der E-Autos dürfte gering sein, schließlich machen 50 E-Golf in einer 1,3-Millionen-Einwohner-Stadt wie Kigali machen keinen großen Unterschied. Dennoch finde ich die Projekte spannend und vor allem den Ansatz von Ampersand vielversprechend.

Mehr zum Thema erfahren?

  • Die KfW Entwicklungbank hat mit Michaella Rugwizangoga, der Leiterin des VW-Werks „Mobility Solutions“ in Ruanda, über E-Mobilität in Afrika gesprochen.
  • Auch die Deutsche Welle hat über VWs Pläne auf dem Kontinent berichtet.
  • Fünf Gründe, warum Ruanda beim Thema Nachhaltigkeit als Vorreiter gilt, hat das World Economic Forum aufgeschrieben.
  • Ruanda wird oft als “Schweiz Afrikas” bezeichnet. Warum, hat die “Wirtschaftswoche” aufgeschrieben.
  • Im Interview mit howwemadeitinafrica.com erzählt Ampersand-Gründer Josh Whale wie sein Unternehmen die Coronakrise meistert.


Automobilindustrie in Marokko: Ein Krisen-Gewinner?

Das Interesse deutscher Autobauer an Afrika wächst, das zeigt sich nicht nur in Ruanda. Auch das Land Marokko steht im Fokus.

2 Antworten zu “E-Mobilität in Afrika: Ruandas ambitionierte Pläne”

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