Online-Banking ohne Bank: Wie Mobile Money für Wachstum sorgt

Mobile Money Afrika

Die Verwendung von Mobile Money in Afrika nimmt zu, vor allem im Osten und Westen des Kontinents. Für Haushalte und Unternehmen bieten sich dadurch neue wirtschaftliche Möglichkeiten, noch funktionieren die Bezahlsysteme aber nicht länderübergreifend. Das wollen die Anbieter ändern.

Viele kennen ihn: den kenianischen Bezahldienst M-Pesa. Gestartet in Kenia in 2007, hat das Unternehmen einen afrikaweiten Trend gesetzt: die Verbreitung von sogenanntem mobilen Geld oder Mobile Money.

Es ist eine beeindruckende Erfolgsgeschichte, die die kenianische Mobilfunkfirma Safaricom und der internationale Telekommunikationsanbieter Vodafone mit ihrem Angebot mitgestaltet haben. Knapp 240 Millionen aktive Mobile-Money-Accounts gab es der internationalen Telekommunikationsvereinigung GSMA zufolge 2023 auf dem Kontinent. Mehr als drei Mal so viele Menschen waren bei einem Mobile-Money-Anbieter zumindest registriert. Tendenz stark steigend.

Mobile Money leicht erklärt: So funktioniert das Bezahlsystem

Doch wie funktioniert Mobile Money? Warum braucht es in afrikanischen Ländern überhaupt eine Alternative zum Bankensystem, wie wir es in Deutschland haben? Und können Telekommunikationsanbieter Banken komplett ersetzen? Diese Fragen möchte ich in meinem Blogartikel beantworten.

Die Idee von Mobile Money ist so gut wie simpel. In afrikanischen Ländern haben viele Menschen kein Bankkonto, denn die Eröffnung von Konten ist umständlich und teuer. Oft haben die Banken kein sehr gut ausgebautes Filialnetz. Und selbst wenn Kunden dort registriert sind, ist es für sie meist sehr teuer dort zum Beispiel Kredite aufzunehmen. Sie zahlen dann sehr hohe Zinsen.

Info: Dass das Bankwesen in vielen afrikanischen Ländern schlecht aufgestellt ist, hat Gründe. Allein die Größe der Länder und die dünne Bevölkerungsdichte in manchen Regionen macht den Aufbau von Filialen teuer. Dazu kommen ökonomische und rechtliche Hürden, die den Banken die Arbeit erschweren.

Geld einzahlen, aufladen – fertig

Der Zugang zum klassischen Bankwesen ist für viele Menschen also schwierig und die Telekommunikationsanbieter in afrikanischen Ländern haben diese Lücke erkannt und genutzt. Denn ein Mobiltelefon hat in den meisten Ländern fast jeder und auch damit lassen sich Geldgeschäfte abwickeln.

Manche Telekommunikationsanbieter bauen dafür ein eigenes Netz an lokalen Anlaufstellen auf, wie die unten stehende Werbeanzeige vom Anbieter MTN zeigt. Oft arbeiten die Unternehmen aber zusätzlich mit Kiosken oder anderen lokalen Partner zusammen. Dadurch sparen sie sich die hohen Kosten für ein vollständiges Filialnetz. Die Kunden können dann zu den Partner, zum Beispiel Kioskbetreibern, gehen und Geld einzahlen. Das wird ihnen auf ihrer Sim-Card gut geschrieben – wie ein Prepaid-Guthaben.

Mobile-Money-Dienste werden zu Komplettanbietern

Anfangs konnte man über Dienste wie M-Pesa vor allem Überweisungen abwickeln. Aber inzwischen haben viele Anbieter ihr Angebot weiterentwickelt, sodass Kunden darüber auch Geld ansparen können und Zinsen bekommen, Kredite aufnehmen oder auch Versicherungen abschließen können. Dazu arbeiten die Telekommunikationsfirmen in der Regel mit Partnerbanken zusammen. Da kommt dann also doch wieder die klassische Bankbranche ins Spiel.

Kredite per Mobile Money? Dafür wirbt derzeit zum Beispiel der Telekommunikationsanbieter MTN Uganda auf humorvolle Weise. Der unten stehende Werbeclip zeigt den fiktiven Charakter ‘Osmosis’, einen jungen Mann, der ständig klamm ist, Freunde anpumpt und dementsprechend im Freundeskreis gefürchtet ist. Bis ihm MTN per Mobile Money Kredite anbietet und damit alle erlöst…

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Zahlen belegen: Mobiles Geld führt zu mehr Wohlstand

Die Bedienung der Mobile-Money-Dienste funktioniert dabei recht ähnlich wie mobiles Banking in Deutschland. Der Anbieter M-Pesa von Safaricom zum Beispiel bietet die Möglichkeit, Überweisungen und andere Mobile-Money-Dienste per App zu nutzen. Für Nutzer ohne Smartphone ist alternativ auf den Sim-Karten des Telefonanbieters ein sogenanntes Tool Kit vorinstalliert. Das können Nutzer auf ihrem Mobiltelefon öffnen und dann ebenfalls Funktionen auswählen wie „Guthaben anzeigen’ oder ‚Versenden’.

Beeindruckend fand ich eine Zahl, die die internationale Mobilfunkvereinigung GSMA kürzlich veröffentlicht hat. Danach liegt das Bruttoinlandsprodukt in Ländern, in denen Mobile Money verbreitet ist, im Schnitt weltweit um fast 1,5 Prozent höher als ohne diese Bezahloption. Und viele afrikanische Länder profitieren sogar noch stärker, wie die folgende GSMA-Grafik zeigt. Das veranschaulicht, wie viel ein gutes Bezahlsystem volkswirtschaftlich wert ist.

Wie Kleinunternehmen von Mobile Money profitieren

Gestartet im Osten des Kontinents, ist Mobile Money mittlerweile auch in Westafrika sehr verbreitet. Dort hat sich die Zahl der Mobile-Money-Accounts zwischen 2013 und 2023 verdoppelt, schreibt die GSMA. Vor allem in Nigeria, Ghana und im Senegal sind neue Nutzer dazugekommen. Dass davon vor allem auch Unternehmen profitieren, zeigt ein Interview, das ich kürzlich mit der E-Commerce-Händlerin Tatiana Assi-Bla aus dem westafrikanischen Côte d’Ivoire geführt habe:

Sie importiert Kleider und andere Alltagsprodukte und verkauft sie über die Social-Media-Plattform Facebook. Im Interview erzählt die Informatikerin, wie sie ihr Unternehmen aufgebaut hat und warum Mobile Money für sie wichtig ist.

Eine Hürde ist aus Sicht der Kleinunternehmerin, dass Mobile-Money-Transaktionen bisher nur in ihrem Land, in Côte d’Ivoire funktionieren, und nicht kontinentweit. Oft ist es sogar schon schwierig, Geld von einem Mobile-Money-Anbieter zu einem anderen zu transferieren. Judith Adumua-Bossman, Mobile Financial Services Manager beim Telekommunikationsanbieter Telecel Ghana betonte daher ebenfalls kürzlich beim African Prosperity Network Symposium, wie wichtig es ist, diese Hürden aus dem Weg zu räumen. Das Thema war eines der zentralen auf dem Symposium.

Länderübergreifende Zahlungen als wichtiges Ziel

Ein Chance wittern darin internationale Konzerne, die die starke Verbreitung von Mobile Money auf dem Kontinent selbstverständlich beobachten. Afrikanische Telekommunikationskonzerne haben zuletzt Kooperationen mit Visa und Mastercard abgeschlossen, die ihnen bei der Einführung von länderübergreifenden Zahlungen helfen sollen.

Zum Beispiel sollen die Kunden des südafrikanischen Konzerns MTN künftig sowohl eine virtuelle als auch eine physische Mastercard bekommen. Das ermögliche den Nutzern den Zugang zu über 100 Millionen Akzeptanzstellen weltweit, schreibt MTN. “Durch die Partnerschaft haben die Verbraucher nun eine größere Reichweite für mobile Geldüberweisungsdienste – sowohl für Überweisungen ins Inland als auch für grenzüberschreitende Überweisungen in Afrika.” Der kenianische Bezahldienst M-Pesa bietet seit 2022 ein ähnliches Angebot mit dem Kreditkartenunternehmen Visa an.

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