In Deutschland fristen Lebensmittel-Lieferdienste eher ein Nischendasein. In Ländern wie Ghana ist der Bedarf deutlich größer. Gründerin Cecilia Crentsil baut in Accra den Lieferdienst Konzoom auf und weiß, warum Lebensmittel online ordern dort immer beliebter wird.

Mal eben zwei Packungen Milch, Cornflakes und Duschgel besorgen? In Deutschland radelt man dafür zum nächsten Supermarkt. In Ghana ist der Einkauf komplizierter, selbst mitten in Großstädten wie Accra. Supermärkte gibt es dort nur wenige und deren Preise sind oft sehr hoch.
Die Unternehmerin Cecilia Crentsil hat daher mit ihrem Mann einen Online-Lieferservice für Lebensmittel gegründet: das Unternehmen Konzoom. Im Interview mit WirtschaftinAfrika.de erzählt sie, wie sie den Wocheneinkauf in Accra erleichtern will.
WirtschaftinAfrika (WiA): Cecilia, wie kamt ihr auf Eure Geschäftsidee?
Cecilia Crentsil: Die Idee entstand während der Coronapandemie. Wir haben damals in Deutschland gelebt und während der Lockdowns bei Anbietern wie Flinc & Co. Essen bestellt. Gleichzeitig wollten wir aber damals schon wieder mehr Zeit in Ghana verbringen. Uns kam der Gedanke, das Konzept der Online-Lieferdienste auf Accra zu übertragen. Dort ist der Bedarf für so einen Service nämlich viel größer.
Marktbesuch in Accra: Entspannt einkaufen geht anders
WiA: Warum?
Cecilia: Weil es dort bisher nur sehr wenige stationäre Supermärkte gibt. Es gibt eine Supermarktkette namens Melcom und einige größere Einkaufszentren. Aber die Preise dort sind sehr hoch, weil die Händler fast alle Produkte importieren. Außerdem wollen die Menschen nicht extra für Einkäufe in die Innenstadt fahren müssen. Das dauert wegen des starken Verkehrs in Accra schnell ein bis zwei Stunden. Die meisten kaufen daher bei Open-Air-Märkten in ihren Stadtteilen ein.
WiA: Ist das ein Problem?
Cecilia: Es macht vielen Menschen zumindest keinen Spaß. Das haben wir in vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten vor der Gründung abgefragt. Fast alle haben das Gleiche erzählt: dass sie die Marktbesuche stressig finden, weil die Märkte sehr voll und laut sind. Es wird viel gedrängelt und man muss ständig Preise verhandeln. Ich selbst fand das als Kind schon immer sehr unangenehm. Alternativ gibt es für Menschen in Accra die Möglichkeit, bei kleinen Krämerläden in ihren Stadtteilen einkaufen zu gehen. Aber die haben nur ein sehr begrenztes Sortiment und wenig Auswahl.
Lebensmittel online ordern: für viele eine Zeitersparnis
WiA: Wie funktioniert der Einkauf bei Konzoom?
Cecilia: Wir haben einen Online-Shop und eine App entwickelt, über die Kunden ihre Waren bestellen können. Geben sie einen Auftrag ein, erhalten sowohl unsere Fahrer als auch unsere Mitarbeiter in unserem Logistikhub eine Nachricht, ebenfalls per App. Wir versprechen, dass wir bestellte Lebensmittel innerhalb von 60 Minuten ausliefern. Dafür beschäftigen wir aktuell vier Fahrer, zwei davon in Vollzeit, zwei in Teilzeit. Insgesamt sind wir mittlerweile elf Leute im Team.
WiA: Welche Haushalte bestellen bei euch?
Cecilia: Eine typische Kundin wäre eine Mutter mit zwei Kindern, die zum Beispiel als Kundenberaterin bei einer Bank arbeitet. Sie muss morgens früh zur Arbeit und nach der Arbeit die Kinder von der Schule abholen. Das dauert in Accra wegen der überfüllten Straßen auch sehr lang. Sie ist also froh, wenn sie nicht auch noch einkaufen gehen muss. Wir haben viele Kunden, die auch mal einige Zeit im Ausland gelebt haben und auch schon in den USA, Kanada oder Großbritannien Lebensmittel online gekauft haben. Manche leben sogar dauerhaft im Ausland und bestellen per Konzoom Lebensmittel für ihre Eltern in Ghana.

Kundenversprechen: günstige Preise
WiA: Wie habt ihr eure Gründung finanziert?
Cecilia: Mit eigenen Ersparnissen und einem Bankkredit. Den Kredit haben wir bei einer deutschen Bank aufgenommen. Die ghanaische Bank, die wir zuerst angefragt haben, hat 22 Prozent Zinsen verlangt.
WiA: Wie hoch sind eure Preise im Verkauf? Importierte Lebensmittel sind in Ghana teuer – ihr liefert eure Produkte auch noch aus. Macht sie das nicht noch teurer als im Supermarkt?
Cecilia: Nein. Wir bieten sogar viele Produkte günstiger an als die hiesigen Supermärkte. Ein Beispiel: Wenn man eine Packung Kellogs Cornflakes in Accra im Supermarkt kauft, kostet das circa 90 Cedi, also etwa sechs Euro. Wir bieten die gleiche Packung für 65 Cedi an, also etwa zwei Euro günstiger.

WiA: Wie geht das?
Cecilia: Wir beziehen unsere Produkte genau wie Supermärkte direkt von den Importeuren, also zum Beispiel von Nestle Ghana. Das heißt, wir können zu ähnlichen Preisen einkaufen. Aber wir haben eine schlankere Struktur und weniger Fixkosten. Außerdem bieten wir neben importierten Produkten ganz bewusst auch viele Waren an, die in Ghana produziert werden und auf die kein Importzoll gezahlt werden muss. Dadurch sind lokal produzierte Produkte in der Regel erschwinglicher. Wir arbeiten mittlerweile mit über 50 kleinen und mittleren Unternehmen im Land zusammen. Davon profitieren auch die Hersteller, weil sie durch uns einen zusätzlichen Absatzkanal haben.
Lebensmittel online bestellen: Mehr Erfolg, mehr Wettbewerb?
WiA: Wie viele Kunden habt ihr aktuell?
Cecilia: Wir haben über 3000 angemeldete Nutzer. Gut 800 davon haben schon mindestens einmal bei uns bestellt. Anfangs haben wir eine Marketing-Kampagne gestartet und auf Plakatwänden in Accra geworben. Und wir sind in sozialen Netzwerken aktiv. Mittlerweile bekommen wir die meisten neuen Kunden durch persönliche Empfehlungen.
WiA: Wenn Lebensmittel-Lieferungen vor Ort gefragt sind: Ruft das nicht Wettbewerber auf den Plan?
Cecilia: Doch. Seit etwa einem Jahr ist zum Beispiel der Anbieter NokNok aus dem Libanon in Ghana aktiv. Das Unternehmen liefert aber anders als wir ausschließlich in sehr wohlhabende Stadtteile. Wir haben dagegen auch die Mittelschicht im Blick. Außerdem ist der Bedarf insgesamt sehr groß. In Accra leben mittlerweile über zwei Millionen Menschen. Es gibt also Platz für mehr Anbieter im Markt.
Investorensuche für weitere Ziele
WiA: Habt ihr auch Expansionspläne über Accra hinaus?
Cecilia: Ja – allerdings eher mittelfristig. Ein interessanter Standort für uns ist zum Beispiel die Großstadt Takoradi, westlich von Accra. Dort gibt es viele Ölraffinerien und dadurch auch viele internationale Fachkräfte und vergleichsweise hohe Einkommen. In Côte d’Ivoire und Nigeria gibt es ebenfalls interessante Städte. Dass wir in absehbarer Zeit starke Konkurrenz durch neue Supermärkte bekommen, glaube ich nicht. Viele Städte in Westafrika wachsen rasant – so schnell können Supermarktketten gar nicht mitziehen.
WiA: Was sind eure konkreten Ziele fürs laufende Jahr?
Cecilia: Wir wollen bis Ende Jahres insgesamt 100 ghanaische Hersteller auf unsere Plattform bringen, um Kunden noch mehr Auswahl zu bieten. Parallel suchen wir Business Angels. Wir haben in den vergangenen Jahren über 20.000 Bestellungen bearbeitet und wissen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert. Nun sind wir an einem guten Punkt, um das Geschäft weiter zu skalieren.

Generell ist der Online-Handel in Afrika in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Davon profitieren große Online-Marktplätze wie Jumia aus Nigeria, aber auch Kleinunternehmer wie die Gründerin Tatiana Assi-Bla aus Côte d’Ivoire.

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