Afrisocks aus Ghana: Hipster-Socken als Statement

Afrisocks aus Ghana

Das Unternehmen Afrisocks aus Ghana entwirft bunte Socken mit traditionellen afrikanischen Mustern und verkauft diese in alle Welt. Dafür wurde das Unternehmen kürzlich sogar im renommierten New York Magazine erwähnt. Doch die Socken von Afrisocks stechen nicht nur modisch heraus – sie sind auch ein politisches Statement.

Heute morgen habe ich meine Lieblingssocken angezogen: Sie sind bunt, weich und passen sich genau meinen Füßen an. Das mag unspektakulär klingen. Aber offenbar bin ich nicht die Einzige, die sich über solche Kleinigkeiten im Alltag freuen kann. Sonst wären bunte Hipster-Socken von Marken wie Happy Socks und von Jungfeld kaum so erfolgreich.

Vor Kurzem habe ich zu diesen Unternehmen ein afrikanisches Pendant entdeckt: den Sockenhersteller Afrisocks aus Ghana. Das Unternehmen entwirft Socken mit traditionellen afrikanischen Mustern und hat damit eine junge Marke aufgebaut, die Happy Socks und Co. in Sachen Hipster-Faktor nicht nachsteht. Dass Afrisocks im westafrikanischen Ghana angesiedelt ist, ist dabei kein Zufall. Das Land hat eine lange Tradition im Bereich Textilherstellung. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Branche allerdings unter anderem durch billige Importe aus China unter Druck geraten. Von den einst circa 25.000 Arbeitsplätzen in der Branche waren im Jahr 2015 nur noch knapp 2000 übrig.

Afrisocks aus Ghana: Vom Schreibmaschinenhandel zum Sockenhersteller

Das Unternehmen Afrisocks könnte für Ghanas Textilindustrie daher ein Hoffnungsschimmer sein – wenn auch bisher nur ein kleiner. Gegründet wurde das Unternehmen Anfang 2018 von Huzaif Alhassan, den ihr unten rechts im Foto seht. In diesem Interview erzählt der junge Mann, dass er schon seit seiner Kindheit Spaß daran hat, unternehmerisch tätig zu sein. “Ich habe Lebensmittel auf der Straße verkauft, Besorgungen für Leute gemacht, eine Hühnerfarm betrieben, ein Uber-Geschäft und viele Import-Export-Geschäfte”, sagt er. Vor der Gründung von Afrisocks verkaufte Alhassan Schreibmaschinen über Etsy und Ebay. Doch der weltweite Versand der schweren Maschinen war teuer. Deswegen beschloss er zu einem gewichtsmäßig leichteren Produkt zu wechseln: Socken.

Afrisocks aus Ghana
Rechts im Bild: Afrisocks-Gründer Huzaif Alhassan (Foto: Afrisocks)

Die ersten Entwürfe für Afrisocks entstanden kurz darauf in einem Café in Ghanas Hauptstadt Accra. Danach begann Huzaif Alhassan einen Partner für die Produktion zu suchen. Doch das gestaltete sich schwierig. Die afrikanischen Muster, die er auf seinen Socken haben wollte, enthalten viele scharfe Zacken und Kanten. Das macht die Herstellung technisch sehr aufwändig. In Ghana zu produzieren kam für Alhassan dabei von Anfang an nicht in Frage. Wie er der Bloggerin MisBeee in diesem Interview erzählt, gibt es derzeit keinen Sockenhersteller in Ghana und der gesamten westafrikanischen ECOWAS-Region. Das Unternehmen schrieb daher Fabriken in China, Indien, Südkorea und der Türkei an und fand schließlich nach über fünf Monaten einen passenden türkischen Hersteller.

Afrisocks aus Ghana: Kampf um das Vertrauen der Kunden

Die nächste Hürde für das Unternehmen: Es musste das Vertrauen der Kunden gewinnen. ‘Gibt es euch wirklich? Oder ist euer Angebot Betrug?’ Solche Nachfragen erhält das Team eigenen Angaben zufolge immer wieder. Und ganz unberechtigt scheint die Sorge der Kunden nicht. Im Jahr 2019 wurden die Socken von Afrisocks von einem chinesischen Billiganbieter gefälscht. Wie das Unternehmen schreibt, kamen die Socken aus einer der Fabriken, die Afrisocks vorher als potentiellen Produzenten angefragt hatte. Der Hersteller hatte offenbar die Designs behalten und produzierte diese nun auf eigene Faust, wenn auch in schlechterer Qualität. Afrisocks leitete damals umgehend rechtliche Schritte gegen die Firma ein.

Das Beispiel zeigt: Wie bei jedem Interneteinkauf sollten Kunden auch beim Kauf von Afrisocks genau hinschauen. Damit Kunden die Marke kennenlernen können, bietet das Unternehmen großzügige Versandbedingungen an. Es verschickt seine Ware weltweit kostenfrei und betont auf seiner Internetseite, dass man Produkte zurückgegeben kann. Bis Mitte des Jahres 2019 hatte Afrisocks eigenen Angaben zufolge rund 20 000 Sockenpaare in über 60 Länder verschickt. Ein Paar kostet im firmeneigenen Onlineshop rund zehn Euro. Zuerst fand ich das ziemlich teuer. Inzwischen habe ich aber festgestellt, dass man bei westlichen Sockenmarken oft sogar mehr zahlt. Beim Anbieter Happy Socks zum Beispiel sind es knapp 14 Euro pro Sockenpaar. Und da ist der Versand erst ab 45 Euro kostenlos.

Afrisocks setzt auf lokale Produktion – wenn möglich

Sympathisch finde ich, dass sich das Unternehmen Afrisocks offenbar durchaus viele Gedanken darüber macht, wo und wie Produkte hergestellt werden. “Als ghanaisches Unternehmen ist es für uns wichtig, andere ghanaische Unternehmer zu unterstützen. Wir glauben, der beste Weg, Ghana zu helfen, besteht darin, unsere lokale Wirtschaft zu unterstützen”, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. Warum die Socken selbst nicht in Ghana gefertigt werden, habe ich ja bereits geschrieben. Zusätzlich stellt das Unternehmen aber inzwischen Laptophüllen und Geschenktaschen für Sockenpakete her. Und die lässt es von einem Schneider in Ghana fertigen. Pakete verschickt es, wenn möglich, mit der ghanaischen Post und nicht mit einem internationalen Anbieter.

Derzeit bemüht sich Afrisocks, gut durch die Coronakrise zu kommen. Seit Ausbruch der Pandemie stellt das Unternehmen auch bunte Stoffmasken her (die allerdings in Deutschland in Geschäften und im ÖPNV mittlerweile nicht mehr erlaubt sind). Außerdem hat Afrisocks im Frühjahr eine Werbekampagne gestartet, die international Aufmerksamkeit bekam. Das Unternehmen hat dafür mit den “Dancing Pallbearers” zusammengearbeitet. Das ist eine Gruppe ghanaischer Sargträger, die Anfang 2020 durch ein Internet-Meme weltweit bekannt wurden. Klingt makaber? Dieses Video des amerikanischen Reisbloggers Drew Binsky erklärt die Hintergründe:

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Afrisocks aus Ghana: Mehr als Mode

Ghanas Wirtschaft wurde von der Coronapandemie hart getroffen. Der internationale Währungsfonds schreibt, dass die Wirtschaft des Landes in 2020 nur um 0,9 Prozent gewachsen ist. Das ist deutlich weniger als in den Vorjahren. In diesem Jahr könnte das Wachstum wieder anziehen auf gut vier Prozent. Noch wichtiger dürfte für Afrisocks allerdings die Erholung der globalen Wirtschaft sein. Denn viele Kunden des Unternehmens sitzen im Ausland, zum Beispiel in den USA. Dort wurde Afrisocks vor Kurzem im New York Magazine als einer der stylischsten Sockenhersteller weltweit angeführt.

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Wie Gründer Huzaif Alhassan im Interview mit der Bloggerin MisBeee erzählt, hat Afrisocks vor allem zwei Zielgruppen. Die erste Gruppe sind ‘Hipster’, die neue Styles und bunte Socken mögen – ohne die Bedeutung der afrikanischen Muster im Detail zu kennen. Die zweite Gruppe sind Menschen aus der afrikanischen Diaspora, die die Socken ganz bewusst als Statement tragen: als eine Art Hommage an ihren traditionellen Kleidungsstil. Die Muster von Afrisocks sind nämlich eine Anlehnung an traditionelle ghanaische Stoffe, genannte Kente. Dieser Gedanke findet inzwischen auch weitere Fans, das zeigt unter anderem ein Twitter-Post des britische Chefdiplomat in Ghana. Er schreibt: “Während wir uns auf die Wahlen in Ghana zubewegen, bin ich vielleicht nicht in den Schuhen des ghanaischen Volkes unterwegs. Aber zumindest in ihren Socken.”

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