Der Westen und China kämpfen um den Zugang zu Afrikas Rohstoffen. Entscheidend sind zwei Eisenbahnlinien. Beide starten im sogenannten Kupfergürtel zwischen der DR Kongo und Sambia. Eine Linie führt gen Westen, eine gen Osten. Wer gewinnt das Schienenrennen?
Kobalt, Lithium, Kupfer: All das sind wichtige Rohstoffe für die deutsche Energiewende und man findet sie reichlich im sogenannten Kupfergürtel, der Grenzregion zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Sambia. Afrikas Rohstoffe sind begehrt und weltweit ist ein Wettbewerb darum entstanden, wer sich den Zugang dazu sichern kann.
Die EU und die USA machen dabei gemeinsame Sache. Sie setzen auf den sogenannten Lobito-Korridor. Das ist eine Exportroute, die in Sambia startet, die DR Kongo kreuzt und am Atlantikhafen Lobito in Angola endet. Der Korridor ist ein milliardenschweres Infrastrukturprojekt – eines der wichtigsten, das die EU derzeit auf dem afrikanischen Kontinent vorantreibt.
Von Washington bis Peking: Afrikas Rohstoffe sind umkämpft
Daher wird der Korridor auch im Rahmen der sogenannten Global-Gateway-Initiative der EU gefördert. Beim Deutsch-Afrikanischen Wirtschaftsforum NRW, bei dem ich im Frühjahr das Eröffnungspanel moderiert habe, wurde das Vorhaben mehrmals als Vorzeigeprojekt genannt. Daher möchte ich den Lobito-Korridor in diesem Blogartikel genauer vorstellen.
Die Initiative Global Gateway soll Europas Rolle in Afrika stärken. Die Bemühungen der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten kommen in der Wirtschaft aber nur langsam an. Was sich ändern sollte, lest ihr hier.
Eines vorweg: Der Erfolg des Korridors ist keinesfalls sicher. Denn China treibt mit dem Bau der Tazara-Eisenbahn gen Osten nach Daressalam in Tansania ein ähnliches Vorhaben voran. Beide Projekte stehen in starker Konkurrenz zueinander. Und plakativer könnte sich das Rennen um die Afrikas Rohstoffe kaum darstellen, wie diese Karte vom Finanzdienstleister S&P Global zeigt:
Der Lobito-Korridor: Projekt mit historischen Wurzeln
Der Lobito-Korridor basiert geographisch auf der historischen Benguela-Eisenbahnlinie. Diese wurde 1931 eröffnet und schon damals – von den portugiesischen Besatzern Angolas – zum Export von Rohstoffen nach Europa und Amerika genutzt. Nach der Unabhängigkeit kam es in Angola zum Bürgerkrieg. Als der Krieg 2002 endete, war die Eisenbahnstrecke kaum noch benutzbar.
Diese historischen Fakten lassen sich auf der Internetseite der Lobito Corridor Investment Promotion Authority (IPA) nachlesen. So heißt Agentur, die den Bau des Lobito-Korridors koordiniert. Rechtlich gehört sie zur amerikanischen Lerna Group und sie ist nach eigenen Angaben mit afrikanischen Experten besetzt. Ziel der IPA ist es, öffentliche und private Akteure zu vernetzten, die an der Entwicklung des Korridors beteiligt sind.
Ein europäisches Konsortium ist treibende Kraft
Dazu zählt unter anderem die Eisenbahngesellschaft Lobito Atlantic Railway. Diese hat sich im Juli 2023 eine 30-jährige Konzession für den Ausbau und den Betrieb der Eisenbahnstrecke im Lobito-Korridor gesichert. Bedingung dafür ist, dass sie in den kommenden Jahren 455 Millionen Dollar in Angola und 100 Millionen Dollar in der DR Kongo investiert. Hinter der Gesellschaft stehen der niederländische Rohstoffhändler Trafigura, der portugiesische Baukonzern Mota-Engil und der belgische Eisenbahnbetreiber Vecturis.
Doch die Eisenbahnlinie ist nicht das einzige Element des Lobito Corridors. Die Regierungen und Unternehmen, die an dem Projekt beteiligt sind, wollen darüber hinaus den Bergbau im Kupfergürtel weiterentwickeln. Zum Beispiel wollen sie Verträge mit Minenbetreibern aushandeln, um sicherzustellen, dass auf der Zugstrecke dann auch Rohstoffe transportiert werden. Minenbetreibern soll der Transport per Bahn viele Kilometer Transport und dadurch Kosten und Zeit sparen.
Einer der wichtigsten von Afrikas Rohstoffen: Kupfer
Ein erstes Abkommen dieser Art hat der Rohstoffhändler Trafigura Anfang Februar mit der Kupfermine Kamoa-Kakula abgeschlossen, die dem kanadischen Bergbauunternehmen Ivanhoe Mines gehört. Die Unternehmen teilten mit, sie hätten „langfristige Verpflichtungen zum Transport von Mineralien […] mit einer Mindestlaufzeit von sechs Jahren vereinbart“. Noch in diesem Jahr sollen die ersten 10 000 Tonnen Kupfer per Zug am Atlantik ankommen. Die erste Lieferung erfolgte im Januar.
Trotz dieser Fortschritte gibt es aber auch noch Entwicklungsbedarf. Kritisch äußerte sich zum Beispiel kürzlich der international als Analyst und Berater tätige Rohstoffexperte Christian-Geraud Neema Byamungu, der sich seit Jahren mit der China-Afrika-Beziehung und mit Rohstoffpolitik beschäftigt. Er schrieb Anfang Juli in einem Beitrag bei Linkedin: „Wenn es den USA und der EU mit dem Aufbau eigener Lieferketten für Kupfer und Kobalt ernst ist, müssen sie mit dem Erwerb von Bergbauanlagen beginnen. Der Lobito-Korridor ist schön und gut, aber er ist kein Bergbauprojekt. Es ist nur eine Eisenbahnstrecke.“
Afrikas Rohstoffe sind auch in China begehrt
China im Vergleich mache das anders, schreibt der Experte. Einige chinesische Firmen wie Norin Mining, eine Tochter des chinesischen Staatskonzerns Norinco, betreiben eigene Minen in afrikanischen Ländern. Und sie bauen das Geschäft aus: Norin Mining hat kürzlich das verschuldete Unternehmen Chemaf übernommen, einen Entwickler und Betreiber von Kupfer- und Kobaltprojekten in der DR Kongo. Chemaf galt zuvor als enger Partner von Trafigura.
Der chinesische Staat ist außerdem auch an anderer Stelle zahlungsbereit. Er will in den kommenden Jahren bis zu einer Milliarde US-Dollar in den Ausbau der sogenannten Tazara-Eisenbahn investieren, also der Eisenbahnlinie nach Tansania. „Wenn man weiß, dass schon jetzt wichtige Mineralien, die in der Region abgebaut werden, zur Weiterverarbeitung nach China geschickt werden und dass es bisher so wenig Verarbeitungskapazitäten am Atlantik gibt, […] kann man nicht umhin, sich zu fragen, was mit dem Lobito-Projekt passieren würde, wenn die Tazara zuerst fertig ist und die Bergbauunternehmen sie nutzen?“, schreibt der Rohstoff-Experte Christian-Geraud Neema Byamungu.
Lokale Weiterverarbeitung als Anreiz?
Noch ist das Rennen um den Kupfergürtel zwischen der DR Kongo und Sambia nicht entschieden. Der Vergleich zwischen der EU und China zeigt aber: Will die EU den Lobito-Korridor zum Erfolg führen, muss sie weitere strategische Investitionen in der Regionen im Bergbau anstoßen. Der Westen könnte sich für die dortigen Ländern zum Beispiel als attraktiver Partner positionieren, indem er nicht nur in den Abbau, sondern auch in die Weiterverarbeitung von Rohstoffen vor Ort investiert.
Das würde Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Knowhow vor Ort schaffen und sicherstellen, dass sich historische Fehler nicht wiederholen. Der Westen darf die Rohstoffvorkommen in den Ländern nicht ausnutzen – allein schon, weil durch den Bergbau vor Ort lokale Ökosysteme Schaden nehmen. Es muss sichergestellt werden, dass die kongolesische, sambische und angolanische Wirtschaft vor Ort vom Abbau profitiert und die Zusammenarbeit, wie die EU oft verspricht, eine Win-Win-Situation ist.
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1 Antwort zu “Lobito vs. Tazara: Der Wettlauf um Afrikas Rohstoffe”