Mehr als 50 Millionen Tonnen Elektroschrott entstehen weltweit pro Jahr. Vieles davon landet auf Müllkippen in Afrika. Das Start-up Wastezon aus Kigali will diesen Müll als Ressource nutzen. Es setzt auf Recycling und entwickelt eine Plattform für den Kauf von Second-Hand-Elektronik.
Durch den Act Now Award der Stiftung Manager ohne Grenzen bin ich vor Kurzem auf ein spannendes Unternehmen aus Ruanda aufmerksam geworden: Wastezon heißt es. Der Act Now Award zeichnet erfolgreiche Betriebe in Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Und ich finde, Wastezon hat diese Anerkennung für seine Geschäftsidee verdient.
Das junge Unternehmen war beim dem Award in der Kategorie “Innovation” nominiert. Den ersten Platz in diesem Beriech hat zwar Ecofitext aus Burundi geholt, das Textilien aus Bananenfasern herstellt. Wastezon geht aber mit seinem Geschäftsmodell ein sehr großes globales Problem an: einen besseren Umgang mit Elektroschrott.
Elektroschrott in Afrika: ein tonnenschweres Problem
53,6 Millionen Tonnen: So viel alte Elektronikgeräte entstanden weltweit allein im Jahr 2019. Das zeigt der Global E-waste Monitor 2020 der Vereinten Nationen. 53 Millionen Tonnen: Das entspricht dem Gewicht von 350 Kreuzfahrtschiffen der Größe der Queen Mary 2.
Die Menge an Elektroschrott hat damit in nur fünf Jahren um gut 20 Prozent zugenommen. Bis zum Jahr 2030 soll es dem Bericht zufolge sogar 74 Millionen Tonnen Elektroschrott geben. Und bisher wird demnach nur gut 17 Prozent des Elektromülls gesammelt und recycelt.
Elektroschrott in Afrika: Vieles kommt aus der EU
Der Export von Elektroschrott aus der EU nach Afrika ist eigentlich verboten. Doch oft werden alte Geräte einfach als Second-Hand-Ware deklariert, selbst wenn sie nicht mehr funktionstüchtig sind, und trotzdem verschifft. In vielen afrikanischen Ländern, zum Beispiel in Ghana, landen sie auf Deponien, wo giftige Stoffe wie Quecksilber Umwelt und Menschen schaden.
In Ostafrika versucht man das Problem durch neue Gesetze zu lösen. Ende 2021 beschloss die sogenannte Ostafrikanische Gemeinschaft – dazu zählen Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda, Burundi und der Südsudan – die Deponierung von Elektroschrott in der Region zu verbieten. Kathodenstrahlröhren und gebrauchte Computermonitore wurden mit einem Importverbot belegt.
Wastezon aus Rwanda: Kampf gegen die Müllberge
Darüber hinaus gibt es aber auch Elektroschrott, der in Afrika anfällt. Ruanda als IT-Land sei in dieser Hinsicht führend auf dem Kontinent, schreibt der Africa Climate Accelerator, der in Wastezon investiert hat. Und auch Unternehmen beschäftigen sich mit der Frage, wie man mit diesem “Müll” umgeht. Schließlich stecken darin wertvolle Materialien wie Gold oder Kupfer.
Wastezon aus Kigali ist ein Unternehmen, dass sich dieses Problems angenommen hat. Der Gründer Ghislain Irakoze (Foto: LinkedIn) hat an der African Leadership University International Business studiert und 2018 sein Unternehmen gestartet. Der Anlass sei ein trauriger, schreibt er auf der Firmenhomepage: “Nachdem ein Freund einen Unfall bei einem Müllbergsturz überlebt hatte, begaben wir uns auf die Reise, um eine Welt ohne Abfall zu schaffen.”
App-Handel statt Abfalleimer
Die Details zu dem Unfall lassen sich in einem Artikel des Onlineportals Ozy nachlesen. Irakoze habe damals, als 12-Jähriger, mit einem Klassenkameraden zum Ausmaß von Müllproblemen in seiner Heimatstadt Musanze recherchiert. Sie wagten sich auf eine örtliche Mülldeponie. Doch ein Müllhaufen verrutschte und begrub seinen Freund, der mit einem gebrochenen Bein ins Krankenhaus kam.
Die Geschichte ist traurig, das Ergebnis spannend: Irakoze hat mit Wastezon eine App entwickelt, die ruandische Haushalte mit Recyclingunternehmen verbindet. Die NutzerInnen können darin alte Geräte wie Smartphones oder Mikrowellen anbieten und im Chat mit den Recyclern über den Preis verhandeln, ein bisschen wie bei Ebay Kleinanzeigen in Deutschland. Über 1800 Nutzer habe das Unternehmen erreicht, über 580 Tonnen Elektroschrott vermittelt, schreibt der Africa Climate Accelerator.
Elektroschrott in Afrika: Second-Hand-Handel als Lösung?
Inzwischen arbeitet das Unternehmen an weiteren Lösungen. Es entwickelt eine Online-Verkaufsplattform für Second-Hand-Elektronik. Dazu kauft Wastezon ausrangierte Elektronikgeräte an, repariert diese und verkauft sie zu erschwinglichen Preisen weiter. Auch Unternehmen und Institutionen sollen mitmachen.
Außerdem arbeitet Wastezon an einem Trackingsystem, dass Herstellern und Recyclern einen besseren Überblick über den Verbleib von Elektronikprodukten geben soll. Hier ein Einblick in das Büro des Wastezon-Teams:
Internationale Aufmerksamkeit für Irakoze
Ich bin gespannt, was man von dem Unternehmen noch hören wird. Ich finde es auf jeden Fall super, dass sich junge, engagierte Menschen wie Irakoze dem Elektroschrott-Problem annehmen. Aktuell beschäftigt Wastezon neun Mitarbeitende, heißt es auf der Firmenhomepage. Außerdem hat das Team international schon einige Auszeichnungen gewonnen.
Dazu zählt der Act Now Award der Stiftung Managerohnegrenzen. Aber auch der Keeling Curve Prize des Global Warming Mitigation Projects. Im Juni war Gründer Ghislain Irakoze außerdem bei den European Development Days der EU eingeladen – und all das gerade einmal mit Anfang 20.
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- Auch Unternehmen in Kenia arbeiten an der Lösung des Problems, zum Beispiel das WEEE-Center in Nairobi.
- Recycling ist ein großes Thema für Start-ups in Afrika. Hier findet ihr eine Übersicht über aktive Unternehmen.