EU-AU-Gipfel 2022: Zeit für Wiedergutmachung

In dieser Woche treffen sich Spitzenpolitiker der Afrikanischen und der Europäischen Union zum sechsten Mal zu einem Gipfeltreffen. Für die EU geht es um viel: Sie muss den afrikanischen Ländern eine lukrative Zusammenarbeit aufzeigen – sonst wendet sich die AU womöglich verstärkt anderen Partnern zu.

Zwei Tage lang treffen sich Spitzenpolitiker der Afrikanischen und der Europäischen Union in dieser Woche in Brüssel. Ihr Gipfeltreffen findet mit einiger Verspätung statt. Der EU-AU-Gipfel war eigentlich für Oktober 2020 geplant. Wegen der Coronapandemie wurde er aber zuerst auf das Jahr 2021 und dann auf Februar verschoben.

Geplant sind Hintergrundgespräche, ein gemeinsames Abendessen und einige Stunden Verhandlungsmarathon. Das soll helfen, die europäisch-afrikanischen Beziehungen auf eine neue Basis zu stellen. Das Verhältnis zwischen der EU und der AU ist nämlich aktuell belastet obwohl es gerade jetzt wegen der Coronakrise auf eine gute Zusammenarbeit ankäme. Warum der EU-AU-Gipfel dieses Mal besonders wichtig ist, habe ich euch im folgenden FAQ aufgeschrieben.

EU-AU-Gipfel: Warum ist das Verhältnis derzeit angespannt?

Der Umgang mit der Coronapandemie hat für Konflikte zwischen der Europäischen und der Afrikanischen Union gesorgt. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa kritisierte kürzlich die “Impfstoff-Apartheid”. Westliche Länder kauften mehr Impfstoff als sie brauchten und ließen für afrikanische Länder kaum etwas übrig, sagte er.

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Dass Europa Afrika mit Impfstoffen versorgt, die in Europa gar nicht zugelassen werden, hat viele Staatschefs ebenfalls verärgert. Und die Reisebeschränkungen gegen südafrikanische Länder wegen der Omikron-Variante sorgten auch für Kritik. Südafrika sei schließlich nur das Land gewesen, dass die Variante publik gemacht habe, sagte Ramaphosa.

EU-AU-Gipfel: Kann ein Treffen die Harmonie wiederherstellen?

Der EU-AU-Gipfel soll für eine Aussprache sorgen. Das Gipfeltreffen findet nur alle drei Jahre statt und ist es etwas besonderes, weil dort so viele afrikanische und europäische Staatschefs auf einmal zusammenkommen. Ihr Ziel ist es, dieses Mal die weitere Zusammenarbeit bis zum Jahr 2030 festzulegen.

Auf der Agenda stehen Themen wie Impfstoffherstellung, Landwirtschaft, Bildung, Klimawandel und Sicherheit. Im Kern geht es vor allem um viel Geld. Die EU will eigenen Angaben zufolge ein “ehrgeiziges Investitionspaket Afrika-Europa auf den Weg bringen” und so den afrikanischen Partnern zeigen, dass auf Europa eben doch Verlass ist.

EU-AU-Gipfel: Was erwarten die afrikanischen Staaten von Europa?

Die afrikanischen Staaten haben im Voraus konkrete Erwartungen an die EU formuliert. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Senegals Präsident Macky Sall, sagte in einer Online-Debatte, die AU wolle vor allem eine bessere Energieversorgung erreichen. Nur so ist nämlich in Afrika in den kommenden Jahren mehr Wirtschaftswachstum möglich.

Die Staaten wollen außerdem unabhängiger werden bei der Impfstoffherstellung. Und sie erhoffen sich mehr ausländische Direktinvestitionen. Der deutsche Staat zum Beispiel zahlt zwar viel Entwicklungshilfe an Afrika. Deutsche Unternehmen aber halten sich mit Investitionen in Afrika zurück. Sie bräuchten dafür bessere staatliche Garantien, um Risiken abzusichern.

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In diesem Video erklärt Senegals Präsident Macky Sall die Ziele der afrikanischen Staaten.

EU-AU-Gipfel: Was bietet die EU?

Die EU hat klar gemacht: Sie ist auf jeden Fall bereit, zu zahlen. Im Rahmen ihrer “Global Gateway“-Strategie will sie rund 150 Milliarden Euro an Investitionen für Afrika mobilisieren. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen im Senegal an. Die Global Gateway-Strategie ist eine Antwort auf Chinas neue Seidenstraße.

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Mit ihrer Global Gateway-Strategie will die EU ihren Einfluss in Entwicklungs- und Schwellenländern ausbauen.

Darüber hinaus kündigte von der Leyen an, die EU werde 125 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt für eine bessere Impfstoffversorgung in Afrika ausgeben. 300 Millionen Euro habe sie schon gezahlt. Ziel sei es “die Dosen gut zu verteilen, medizinisches Personal auszubilden, aber auch die Analyse und die Sequenzierungskapazität zu verbessern“, sagte von der Leyen.

EU-AU-Gipfel: Welche Herausforderungen bleiben?

Schwierig wird beim EU-AU-Gipfel das Thema Klimawandel. Afrikanische Staaten leiden mit am stärksten unter der Erderwärmung. Sie wollen aber möglichst schnell zu mehr Energie kommen, um wohlhabender zu werden. Daher setzen sie oft auf fossile Brennstoffe wie Erdgas. Fehlende Energie ist eines der größten Entwicklungshemmnisse für Afrika.

Dass viele westliche Staaten bei der Klimakonferenz in Glasgow angekündigt haben, im Ausland keine Projekte mit fossilen Brennstoffen mehr zu finanzieren, sehen einige afrikanische Staaten daher sehr kritisch. Und die in der EU geplante CO2-Abgabe beim Import von CO2-intensiven Produkten halten manche Staatschef für protektionistisch. Die große Herausforderung für die EU wird also sein, den afrikanischen Staaten ein interessantes Angebot für klimafreundliches Wachstum zu machen. Neben einer neuen Impfstoffpolitik natürlich.

Fazit: Es braucht verbindliche Zusagen

Die EU will in Afrika künftig verstärkt grüne Energieprojekte zu fördern allein schon, weil Staaten wie Deutschland diese Energie auch für ihre eigene Wasserstoff-Strategie brauchen. Damit sich die afrikanischen Staaten auf eine solche Zusammenarbeit einlassen, braucht es allerdings mehr als nette Worte. Es braucht verlässliche Finanzierungszusagen und mittelfristig konkrete Projekte. Andernfalls könnte sich die AU bald schon nach neuen Partnern umschauen.


Grüner Wasserstoff aus Afrika

Die Bundesregierung will nachhaltige Energien in Afrika fördern, um damit Wasserstoff für Deutschland zu produzieren. Die Herausforderungen dabei habe ich hier aufgeschrieben.


Denn anders als früher können die afrikanischen Staaten inzwischen durchaus zwischen verschiedenen Partnern wählen. Russland, die Türkei und China haben zuletzt alle gemeinsame Gipfeltreffen mit Afrika organisiert. Auch dort hat man erkannt, dass die afrikanischen Staaten als Rohstofflieferant und Absatzmarkt immer attraktiver werden. Ihren afrikanischen Partnern ein gutes Angebot zu machen, ist für die europäischen Staaten also keine reine Nettigkeit mehr. Es ist Notwendigkeit.

Aktualisierung (21.02.2022)

Wollt ihr wissen, was nun eigentlich bei dem Gipfel herauskam? Hier habe ich euch die wichtigsten Link-Tipps dafür herausgesucht:

Mehr zum Thema lesen?

  • Werner Hoyer, der Präsident der Europäischen Investitionsbank, schreibt in einem Gastkommentar für das Handelsblatt, warum Afrika und Europa näher zusammenrücken müssen.
  • Wie Russland, die Türkei und China um Afrika als Partner werben, könnt ihr bei der britischen Denkfabrik Chatham House nachlesen (englisch).
  • Kann der EU-AU-Gipfel mehr bieten als Lippenbekenntnisse? Dieser Frage ist das African Business Magazine nachgegangen. Die Antwort aus afrikanischer Sicht lest ihr hier (englisch).

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