Afrika ist einer der am schnellsten wachsenden Gaming-Märkte der Welt – und das Unternehmen Carry1st aus Südafrika einer der größten Anbieter für Smartphone-Spiele. Nun hat das Start-up sogar den Internetkonzern Google als Investor gewonnen.
Wartezeit an der Bushaltestelle? Langeweile am Wochenende? Für viele Menschen ist das die perfekte Gelegenheit: Sie zücken ihr Smartphone und beginnen zu zocken. Mobile Games, also Spiele fürs Smartphone, sind einer der erfolgreichsten Unterhaltungstrends weltweit.
Ich selbst spiele nie Spiele auf dem Handy. Trotzdem finde ich den Trend aus wirtschaftlicher Sicht spannend. Die Gaming-Industrie ist ökonomisch nämlich inzwischen relevanter als die Film- oder die Musikindustrie.
Gaming in Afrika: Stark im Kommen
180 Milliarden Dollar hat die Branche im Jahr 2021 umgesetzt. Das schätzt das Marktforschungsunternehmen Newzoo. Das liegt auch daran, dass Konsolen und Gaming-Rechner sehr teuer sind. Aber trotzdem: Die Filmindustrie kam selbst vor der Coronapandemie nur auf einen Umsatz von 136 Milliarden Dollar.
Mobile Games machen dabei laut Newzoo mehr als die Hälfte der Umsätze in der Branche aus. Und eines hat die Gaming-Industrie dann doch mit dem Filmgeschäft gemeinsam: Insbesondere aufstrebende Länder in Subsahara-Afrika bieten für das Unterhaltungsgeschäft ein enormes Wachstumspotential.
Carry1st aus Südafrika: Der Investoren-Liebling
Mobile Games sind für diese Länder ideal. Denn anders als bei teuren PC- oder Konsolenspielen brauchen die Spielerinnen dafür nur ein Smartphone und können sofort losdaddeln. Und gerade in Ländern wie Südafrika, Ghana und Nigeria gibt es viele Menschen, die inzwischen ein Smartphone besitzen – und Lust haben, unterhalten zu werden.
Eine neue Entwicklung ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer dabei nicht nur Spiele von internationalen Anbietern spielen. Stattdessen entsteht auch in Subsahara-Afrika selbst langsam eine Spieleindustrie und einer der Vorreiter dabei ist Carry1st aus Südafrika. Das Unternehmen zählt zu den am besten finanzierten Entwicklern von Mobile Games auf dem Kontinent. Daher möchte ich es euch heute auf meinem Blog genauer vorstellen.
Carry1st aus Südafrika: Vom Banker zum Gründer
Der Kopf hinter Carry1st ist Cordel Robbin-Coker. Er stammt gebürtig aus Sierra Leone, ist aber in den USA aufgewachsen, hat in Stanford studiert und Karriere als Investmentbanker gemacht. Im Jahr 2018 hat er sich dann entschieden, nach Kapstadt zu ziehen und Carry1st zu gründen. Warum, das erzählt er in diesem Podcast. Er sagt: “[Afrika] ist der am schnellsten wachsende Kontinent in fast jeder Hinsicht. […] Das schafft eine tolle Gelegenheit, Unternehmen aufzubauen und Menschen zu bedienen.”
Dafür hat sich Robbin-Coker zwei gut ausgebildete Gründungspartner gesucht. Die Amerikanerin Lucy Hoffmann kennt er noch aus seiner Zeit als Investmentbanker. Der Dritte im Team ist der simbabwische Softwareentwickler Tinotenda Mundangepfupfu.
20 Millionen Dollar für Vertrieb und neue Spiele
Gestartet ist Carry1st mit einem Multi-Player-Quiz-Spiel namens Trivia. Spieler*innen beantworten dabei Quizfragen und sammeln Punkte. Vor allem in Kenia und Nigeria sei das Spiel gut angekommen, erzählt Robbin-Coker im Interview mit dem Portal Techcrunch. Im Frühjahr 2020 schloss das Start-up eine erste größere Investitionsrunde ab. Es bekam 2,5 Millionen Dollar von Investoren, um weitere Spiele zu entwickeln und seinen Vertrieb auszubauen, zum Beispiel durch Partnerschaften mit Mobilfunkanbietern.
Im gleichen Jahr wurde Carry1st in ein Start-up-Programm des Zahlungsunternehmens Mastercard aufgenommen. Ende 2021 bekam es weitere sechs Millionen Dollar Wagniskapital von Investoren. Und Anfang dieses Jahres feierte Carry1st seinen größten Erfolg: Bekannten US-Investoren wie Andreessen Horowitz und Google haben insgesamt 20 Millionen Dollar in das 36-köpfige Team investiert.
Carry1st aus Südafrika: Wette auf noch mehr Wachstum
Der Grund für das Interesse der Investoren: Seit Mai letzten Jahres sei Carry1st monatlich um über 90 Prozent gewachsen, sagte Robbin-Coker kürzlich gegenüber dem US-Magazin Forbes. Und auch die Aussichten scheinen gut. Wie eine von Carry1st beauftragte Analyse zeigt, soll es in Afrika schon in wenigen Jahren doppelt so viele Gamer geben wie in Nordamerika.
Mit den jüngst eingeworbenen 20 Millionen Dollar hat Carry1st nun nochmal ganz neue Möglichkeiten, diese neuen Spieler für sich zu gewinnen. Mehr Entwickler, neue Spiele, mehr Marketing: All das wird für das Unternehmen nun möglich. Und Carry1st setzt auf starke Partner. Das Start-up arbeitet zum Beispiel mit dem Zahlungsdienstleister Paypal zusammen, damit sich Spieler in den Games virtuelle Ausrüstung kaufen können. Und in Kooperation mit dem Spieleentwickler Tilting Point will Carry1st das Blockbuster-Spiel “SpongeBob Krusty Cook-Off” auf den afrikanischen Markt bringen.
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