Der IT-Sektor in Ghana wächst. Doch genau wie in Deutschland sind Entwicklerinnen dort in der Minderheit. Die Unternehmerin Regina Honu will das ändern – und bekommt dafür weltweit Aufmerksamkeit.
Im Juni habe ich ein Panel bei der Fachtagung Wirtschaft und Entwicklung der Konrad-Adenauer-Stiftung moderiert. Thema war die Frage, wie man als deutsches Unternehmen im Ausland zu mehr Gleichstellung in der Arbeitswelt beitragen kann – so wie es die Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen vorgeben.
Ein wichtiger Punkt, den ich aus der Debatte mitgenommen habe: Um im Ausland für Gleichstellung werben zu können, müssen Unternehmen zunächst in der Heimat für einen höheren Frauenanteil sorgen. Wenn sie einen neuen Standort im Ausland eröffnen und dabei auch Managerinnen beteiligt sind, fällt es leichter, weitere Frauen vor Ort anzuwerben.
IT-Sektor in Ghana: ein Wachstumstreiber
Bei dem Panel habe ich eine Unternehmerin aus Ghana kennengelernt, deren Arbeit ich sehr spannend fand: Regina Honu von der Softwarefirma Soronko Business Solutions. Sie entwickelt mit ihrem Team Webseiten für Firmen und bildet mit den Gewinnen aus diesem Geschäft gezielt junge Frauen in ihrem Land zu Entwicklerinnen aus.
Der IT-Sektor in Ghana ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Das galt sogar während der Coronapandemie, schreibt das Ghana Investment Promotion Centre. Das ist eine staatliche ghanaische Agentur zur Förderung von Investitionen vor Ort. Die Wirtschaftsleistung der IT-Branche in Ghana liege derzeit bei einer Milliarde US-Dollar und werde sich bis 2030 verfünffachen, schätzt die US-Regierung.
Auch in Ghana ist der IT-Sektor ist eine Männerdomäne
Genau wie in Deutschland sind Frauen gibt es aber bisher wenige Entwicklerinnen in Ghanas IT-Industrie. Auf vier Männer komme ein Frau, ergab eine Schätzung des afrikanischen Medienhauses Digital Times Africa im Jahr 2021. Regina Honu ist als IT-Unternehmerin also eine Ausnahme. Dass sie sich für die Förderung von Frauen einsetzt, hat ihr schon mehrere internationale Auszeichnungen eingebracht.
Bei der Vorbereitung auf das Panel habe ich Regina Honu gefragt, wie es bei ihr zu einer Karriere im IT-Bereich gekommen ist. Sie hat mir erzählt, dass sie früher sehr gerne das Computerspiel Pacman gespielt hat und verschiedene Einstellungen daran verändern wollte. „So habe ich angefangen, zu programmieren“, erzählt sie.
Ein Aufstieg mit vielen Hürden
Honu studierte Informatik und arbeitete danach bei Banken und Softwareunternehmen. In aller Regel sei sie die einzige Frau in ihrer Abteilung gewesen. Immer wieder habe sie erlebt, dass Kollegen ihr Dinge nicht zutrauten oder ihre Arbeit automatisch kritischer bewerten, nur weil sie eine Frau war. „Das hat mich immer geärgert“, sagt Honu. Ihre Familie habe sie dagegen stets sehr unterstützt.
Im Jahr 2014 startete die junge Frau daher ihre eigene Unternehmung: die Softwarefirma Soronko Business Solutions. Mit dem Gewinn finanziert Honu die Soronko Academy und bildet junge Frauen als Entwicklerinnen aus. Anfangs sei es nicht leicht gewesen, Teilnehmerinnen zu finden, erzählt sie. Es habe viele Vorurteile gegen Frauen in der Tech-Branche gegeben. „Kritikerinnen und Kritiker argumentierten sogar, dass Frauen dann keinen Mann zum Heiraten finden würden“, sagt Honu.
Der IT-Sektor in Ghana: Jobchancen und ein hohes Einkommen
Doch die Gründerin gab nicht auf. Immer wenn sie von ghanaischen Medien zur Rolle von Frauen in der Technologie-Branche befragt wurde, warb sie für die Vorteile: ein höheres Gehalt für Familien, gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. „Und ich habe gesagt: Frauen können auch per Online-Dating einen Mann finden. Sie müssen nicht mehr rausgehen“, sagt Honu und lacht.
Vor allem die Tatsache, dass Frauen in der Branche gut verdienen, habe mit der Zeit viele Menschen überzeugt, sagt sie. Seitdem steigt die Teilnehmerzahl in ihrem Programm. Im Jahr 2021 hat sie mit ihrem Team angefangen, die Zahlen nachzuverfolgen. Allein in jenem Jahr habe die Soronko Academy rund 2500 Personen trainiert. Rund 500 davon hätten danach Arbeit gefunden, sagt Honu.
Was ich im Gespräch mit Regina Honu gelernt habe
Mittlerweile legt Regina Honu eigenen Angaben zufolge einen noch stärkeren Fokus darauf, den Frauen nach der Ausbildung bei der Jobsuche zu helfen. „Wir haben gemerkt, dass das kein Selbstläufer ist“, sagt die Unternehmerin. Daher weist die Akademie ihre Absolventinnen nun auf Praktika-Angebote hin und betreibt eine Stellenbörse.
Für mich persönlich hat das Gespräch mit Regina Honu zwei Dinge gezeigt: Die Herausforderungen, mit denen Frauen weltweit kämpfen, sind offenbar oft ähnlich. Und, man kann von anderen Ländern lernen. Ich fand spannend, dass Regina Honu gezielt mit der Aussicht auf ein hohes Gehalt um Frauen wirbt. Das habe ich in Deutschland bisher nicht oft erlebt.